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«Emily» machte Rolls Royce zum Mythos


Hans-Jörg Brand

Frederick Henry Royce gründete mit Charles Stewart Rolls das Unternehmen Rolls Royce.

«Spirit of Ecstasy» ist der Name der Kühlerfigur, die seit 1911 den Verschluss des Wasserkühlers eines Rolls Royce ziert. Landläufig wird sie auch Emily genannt.

Frederick Henry Royce, geboren am 27. März 1863 in Alwalton, Huntingdonshire, England, war ein britischer Pionier des Automobilbaus und gründete zusammen mit Charles Stewart Rolls das Unternehmen Rolls Royce. Frederick war das fünfte Kind von Mary und James Royce. Er arbeitete in der Jugend als Zeitungsjunge und Telegrafenbote. Mit 14 Jahren begann er eine Ausbildung in den Lokomotivwerken in Peterborough. 1880 musste er die Lehre abbrechen, da er kein Geld mehr hatte. Nebenher besuchte er die Abendkurse am Polytechnikum, um sich fortzubilden. Mit dem Elektroingenieur Alexander Claremont gründete er in Manchester einen Elektrobetrieb.Durch die harte Arbeit in seiner Firma wurde Royce schwer krank. Sein Arzt empfahl frische Luft. Hierzu schaffte er sich ein Quadricycle, Typ De-Dion-Bouton-Motordreirad (Abb. 1) an. Er war nicht zufrieden damit und ersetzte das Dreirad durch einen gebrauchten Decauville 10 hp (PS) von 1902. Das Auto wurde per Bahn geliefert, aber es gelang ihm nicht, den Motor zu starten. Er bekam vom Verwaltungsrat die Erlaubnis, drei Autos nach eigenem Design zu bauen. Am 1. April 1904 fuhr Henry Royce den Prototyp 10 hp als Testfahrt vom Firmengelände in Manchester zu seinem
25 km entfernten Wohnhaus in Knutsford und zurück (Abb. 2).


Abb. 1: Quadricycle wie jenes von Frederick Henry Royce


Abb. 2: Briefmarkenblock von République de Guinee: Porträt von Henry Royce sowie im Hintergrund sein erster Rolls 10 hp mit Zweizylinder-Reihenmotor und 1810 cm3.


Charles Stewart Rolls
Rolls kam 1877 als dritter Sohn von Lord und Lady Llangattock zur Welt. Er wuchs gut situiert auf und studierte in Cambridge Maschinenbau. Er war fasziniert von der Erfindung von Carl Benz. Mit 25 Jahren eröffnete Rolls ein Autohaus mit Luxus-Autos. Am 4. Mai trafen sich Royce und Rolls erstmals in Manchester. Der Adelige soll nach der Ausfahrt geschwärmt haben: «Ich habe soeben den besten Ingenieur der Welt kennengelernt». Erst am 23. Dezember 1904 wurde vertraglich fixiert, was schon monatelang «per Handschlag» praktiziert wurde: Rolls & Co. bekam die Alleinverkaufsrechte, welche die Firma Royce Ltd. baute. Am 15. März fusionierten beide Firmen zur Rolls Royce Ltd. mit Sitz in Manchester.Nun begann die Geschichte von «Emily», auch «Geist der Verzückung» genannt.


Eleanor Thornton
 «Spirit of Ecstasy» – Geist der Verzückung
So ist der Name der Kühlerfigur, die seit 1911 den Verschluss des Wasserkühlers jedes Rolls Royce ziert. Landläufig wird sie auch «Emily» genannt. Am 6. Februar 1911 wurde die erste Ausführung auf den Rolls Royce montiert – die erste aus Metall gegossene Figur, die serienmässig einer Automarke in England mitgegeben wurde. Die Figur zeigt eine Frau mit einem im Wind wehenden Tuch. Schöpfer war der Bildhauer Charles Robert Sykes. Als Modell stand ihm Eleanor Thornton, eine englische Schauspielerin, Sekretärin und Geliebte des britischen Baron Montagu of Beaulieu (Abb. 3 und 4).Ursprünglich sollte die Figur «Spirit of Speed» (Geist der Geschwindigkeit) heissen, aber dieser Name erschien Rolls Royce als unenglische Prahlerei. Daher nannte man sie dann «Spirit of Ecstasy» (Geist der Verzückung). Henry Royce selbst mochte Kühlerfiguren nicht. Sie waren in seinen Augen modischer Schnickschnack. Bis 1950 wurde jedes Exemplar mit dem Wachsausschmelzverfahren hergestellt. Mit einem hitzeverträglichen Mantel umgeben, der dann mit Metall ausgegossen wurde, nachdem der Wachs ausgeschmolzen war. So ist jede Figur ein Unikat. Kühlerfiguren fallen oft dem Diebstahl zum Opfer. Die Figur «Emily» in aktuellen Modellen wird per Knopfdruck eingefahren. Mit Sensoren ausgestattet, fahren sie bei Berührung automatisch in den Kühlergrill.


Abb. 3: Markenheftchen von Irland mit Briefmarken für Post an Liebende und Hochzeitseinladungen. Links zu sehen der Kühler mit Kühlerfigur «Emily».


Abb. 4: Sonderstempel von Tschechien 2012, «Emily» stehend im Fahrtwind, seitlich zu sehen
 Ein kurzes Leben
Dem Modell der Eleanor Thornton war eine kurze Lebenszeit vergönnt. Sie war auf dem Weg nach Indien mit dem Schiff «Persia» (Abb. 5). Die
«Persia» war ein 1900 in Dienst gestelltes Passa­gier­schiff einer britischen Reederei, das Passagiere, Fracht und Post nach Indien beförderte. Am
Donnerstagmorgen, dem 30. Dezember 1915, be­fand sich die «Persia» vor der Insel Kreta. Das Schiff war für die Feiertage festlich geschmückt worden. Um 11.50 Uhr Ortszeit sichtete Kapitänleutnant Max Valentiner an Bord des U-Bootes durch das Periskop die «Persia». Der Kapitän der U38
torpedierte um 13.05 Uhr den Maschinenraum des Dampfers. Eleanor Thornton ertrank mit 343 Menschen im Meer. Baron Montagu überlebte den Untergang.Seit 111 Jahren ziert «Emily» nun Rolls Royce, aber die neue «Emily» duckt sich im Dienst der Aerodynamik tiefer in den Wind. Sie misst nun 82,73 statt 100,01 mm wie bisher.


Abb. 5: Postkarte der «Persia» 1910 
Zum Weiterlesenpour aller plus loin Filamobil-Mitteilungen: Briefmarkenverein Motivgruppe Kraftfahrzeuge e.V.: www.arge-kfz.de https://de.wikipedia.org/wiki/Spirit_of_Ecstasy